Agila-Tierkrankenversicherung: Kündigungsaktion führt zu viel Ärger

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Systematisch kündigt derzeit die Agila-Tierkrankenversicherung langjährige Kunden. In der Regel erhalten sie zum Vertragsende eine Änderungskündigung. Teilweise wird aber auch direkt nach einem Schadenfall gekündigt. In sozialen Foren, wie Facebook, hagelt es massenweise Kritik.

Viele Tierhalter fühlen sich düpiert. Die neu angebotenen Verträge sind oft doppelt so teuer und haben erheblich weniger Leistungen. So büßen die Kunden, wenn sie auf das Angebot eingehen, ihren hohen jährlichen Schutz für ambulante Tierarztbehandlungen zum großen Teil ein.
Viele Kunden haben die Agila gewählt, weil sie Schadenfreiheit mit steigender Versicherungssumme belohnt. „Wir haben in den ersten Jahren einige Rechnungen selbst bezahlt, um unseren Schutz für das Alter des Hundes zu steigern“, sagt beispielsweise Hundebesitzer Jörg Stephan aus Stuttgart. Nun ist der Tierhalter, wie viele andere Kunden sehr verärgert.

Das Vertrauen der Tierbesitzer stark erschüttert
Die Kündigungsaktion hat das Vertrauen, dass Tierbesitzer die volle Versicherungssumme im Alter ausschöpfen können, deutlich erschüttert. Nach eigenen Angaben ist die Agila mit derzeit 170.000 Kunden der größte Tierkrankenversicherer in Deutschland. Das Unternehmen wirbt weiterhin damit, auch ältere Tiere zu schützen. „Wir sind uns der Verantwortung gegenüber den Kunden und den versicherten Tieren bewusst und möchten auch im hohen Alter die Tiere weiter versichern“, bestätigt Agila-Vorstand Patrik Döring. Doch das ginge nur, wenn „ein kleiner Teil der alten Tarife an die aktuelle Kostensituation in der Tiermedizin angepasst“ wird, so Döring.

Abwägung der Chancen und Risiken
Allein in diesem Jahr wurden aber schon rund 3.500 Verträge gekündigt. Die Aktion läuft weiter. Dabei zahlen viele Kunden für den ambulanten und Operationsschutz ihres Hundes oder Katze 50 und mehr Euro pro Monat. „Wir können den Ärger und die Enttäuschung der betroffenen Kunden über das Verfahren, nicht jedoch über das gemachte Angebot verstehen“, kommentiert Vorstand Döring die Aktion seines Hauses. „Unter Abwägung der Chancen und Risiken für die Ausgleichsfähigkeit des Bestandes und damit für die dauerhafte Leistungsfähigkeit der Agila haben wir uns schweren Herzens für diesen Weg entscheiden müssen“, so Döring.

Bestimmte chronische Krankheiten ausschließen
Die Kündigungsaktion kommt ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem mit dem Tiergarant Versicherungsdienst aus Wunstorf ein neuer Player in den deutschen Markt eingetreten ist. Das Unternehmen bietet unter dem Markennamen Petplan ausschließlich Krankenversicherung für Haustiere an. Neben Hunden, werden auch Katzen und sogar Kaninchen versichert. Die Tiergarant Versicherung will Wechsler nun mit offenen Armen empfangen. „Wir verzichten bei Kunden die von der Agila kommen auf die 30 tägige Wartezeit. Die Tiere haben sofort Schutz“, sagt Geschäftsführer Christoph Dogge.
Trotzdem dürften viele Kunden auch hier keinen neuen Vertrag erhalten, denn versichert werden nur gesunde Tiere. Möglich sei aber eine Teilversicherung. „So können bestimmte chronische Krankheiten ausgeschlossen werden“, verspricht Dogge. Viele Kunden der Agila müssen aber wohl doch die Änderungskündigung annehmen, wenn sie ihr Tier nicht völlig schutzlos lassen wollen.

Tierhalter oft emotional
Der Tiergarant Versicherungsdienst kooperiert zudem mit Versicherungsmaklern. Das könnte wichtig sein, denn Tierhalter sind, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen, sehr emotional. Versicherungsmakler, die in der Vergangenheit Kunden zur Agila vermittelt haben, müssen daher sogar mit der Gefährdung ihres restlichen Bestandes rechnen. Neben der Tiergarant Versicherung sind noch die Allianz, die Helvetia und die Uelzner auf dem Nischenmarkt unterwegs. Wie schwierig das Geschäft ist, zeigt sich an der Axa Assistance. Sie hatte Anfang 2012 ihre Tierkrankenversicherungen aus „strategischen Gründen“, eingestellt. Dabei gibt es ein echt großes Marktpotential.

Über zehn Millionen potenzielle vierbeinige Kunden

So geht Marktführer Agila davon aus, dass weniger als fünf Prozent der in Deutschland lebenden Hunde und Katzen krankenversichert sind. Damit gibt es noch über zehn Millionen potenzielle vierbeinige Kunden – Pferde und Kaninchen gar nicht einberechnet. Der Tiergarant Versicherungsdienst hat übrigens als erster Anbieter ausdrücklich auf eine Kündigung im Schadenfall verzichtet. Das Unternehmen bietet aber nur Jahresverträge an. Tierhalter sind somit auch hier nicht vor einer Kündigung gefeit.

Bildquelle: ©Picscout / charlesmann

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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