Anwälte: Rechtsschutzversicherer missbrauchen Streitschlichtung

Zwischen Anwälten und Rechtsschutzversicherern gibt es Streit über die Wirkung des neuen Streitschlichtungsverfahrens Mediation. Dies zeigte eine hitzige Diskussion auf dem diesjährigen Anwaltstag in Düsseldorf Mitte Juni. "Die Mediation ist oft eine Mogelpackung. Die Betroffen riskieren, nicht über ihre Recht aufgeklärt zu werden", sagte Klaus Schneider, Fachanwalt für Versicherungsrecht aus Langenhagen auf einer Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV).

Ziel der Rechtsschutzversicherer sei es lediglich, Anwaltskosten zu sparen. Besonders umstritten ist Tatsache, dass fast alle Rechtsschutzversicherer in ihren Bedingungen einer Empfehlung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) gefolgt sind, nach der der Versicherer den Streitschlichter, den so genannten Mediator bestimmt. "Damit stellen die Versicherer die Weichen und haben es in der Hand, Rechtsschutzfälle zu beeinflussen", kritisierte Herbert Schons, Präsident der Rechtsanwaltskammer in Düsseldorf. Dabei ist den Versicherern ein Eingriff in Streitfälle rechtlich verboten.

Die Anwälte weisen darauf hin, dass einige Versicherer mittlerweile Billig-Tarife auf den Markt gebracht haben, die im außergerichtlichen Bereich keine Kosten mehr übernehmen. Allein das Mediationsverfahren ist mit sehr begrenzten Summen mitversichert. Je nach Unternehmen ist die Streitschlichtung mit beispielsweise 1.500 Euro oder 4.000 Euro pro Fall abgesichert. Einen solchen Tarif hat etwa die Düsseldorf ARAG mit "Aktiv-Rechtsschutz Basis", die Deurag aus Wiesbaden mit "M-Aktiv" und die Münchener Auxilia mit "Mediation Pro" auf den Markt gebracht.

Besonders stark kritisieren die Anwälte die Angebote der Deurag und Auxilia, weil hier eine Mediation Voraussetzung ist, um später Kostenschutz vor Gericht zu bekommen. Ein Vertreter der Deurag beteuerte, dass die Kunden über diesen neuen Tarif zu "100-Prozent" aufgeklärt würden. Das Produkt werde nur über Versicherungsmakler verkauft, die bei einer Falschberatung haften müssten. Die ARAG verweist darauf, dass der Tarif eine "Worst-Case-Absicherung" sei.

Kunden können Mediatoren ablehnen
Zudem wehren sich die Versicherer dagegen, dass beim Mediationsverfahren der Rechtsweg der Kunden abgeschnitten werde. "Bei uns sind in fast 90 Prozent der Fälle Rechtsanwälte neben dem Mediator eingebunden", behauptete Helmut Plote, Leiter Rechtsschutz Leistung der D.A.S Rechtsschutzversicherung aus dem Ergo-Konzern. Zudem könne der Kunden jeden Mediator auch ablehnen. "Er kann dann einen anderen wählen", sagte Plote. Nach Einschätzung der Anwälte ist eine solche Regelung dem Wortlaut der Bedingungen aber nicht zu entnehmen. "Auf Kulanz können wir nicht bauen", kritisierte Versicherungsanwalt Schneider.

Auch die Praxis der Mediation ist nach Ansicht der Juristen höchst problematisch. So wenden die Versicherer überwiegend eine so genannte Shuttle-Mediation an. Dabei werden die Betroffenen jeweils einzeln von einem Mediator angerufen. "Das verdient auf keinen Fall den Namen Mediation", kritisierte die Berliner Fachanwältin für Versicherungsrecht, Monika Maria Risch. Fair sei die Mediation nur, wenn sich die Betroffenen an einem Tisch treffen und Auge in Auge auseinandersetzen würden. Allein die D.A.S. hat mittlerweile 10.000 Mediationsverfahren erstellt. Rund 70 Prozent seinen telefonisch, also als Shuttle-Mediation erfolgt.

Mediation hilft, das Gesicht zu wahren
Nach Erfahrung der Rechtsschutzversicherer könnten im Mediationsverfahren, das vertraulich sei, die Streitenden ihr Gesicht wahren und die Einigungen seien viel dauerhafter als Urteile. "Das ist eine schnelle und zeitnahe Konfliktlösung", betonte Plote. Die Erfolgsquote soll bei 70 bis 80 Prozent liegen. Gleichzeitig gab der Schadenexperte der D.A.S. aber zu, dass im Gesamtschnitt die Mediation deutliche Kostenersparnis für Rechtsschutzversicherungen bedeutet. "Bei kleineren und teilweise auch mittleren Streitwerten ist eine Mediation häufig aber sogar teurer als ein vergleichbares Gerichtsverfahren." Zudem stehe es jedem Kunden frei, nach einem Mediationsverfahren, das nicht erfolgreich war, auch noch den Weg zum Anwalt oder vor ein Gericht zu suchen. Demgegenüber fordern die Anwälte, dass die Kunden immer vor einer Mediation von einem Anwalt über ihre Rechte ausgeklärt werden müssen. "Das ist allein schon deshalb notwendig, um mit dem Mandanten zu besprechen, ob sich der Fall überhaupt für eine Mediation eignet", forderte DAV-Anwalt Schneider.

Bild: © Stephanie Hofschläger/

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

Alle Branche News