Auf Beschwerden von Kunden professionell reagieren

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Eine mögliche Unzufriedenheit von Kunden früh zu erkennen und auf Beschwerden professionell zu reagieren - das ist für den Erfolg von Anbietern immaterieller Dienstleistungen wie Steuerberatern, Rechtsanwälten oder Finanz- und Versicherungsmaklern sehr wichtig.

Alltag in einer Steuerkanzlei. Ein Mandant ruft an und fragt: "Warum liegen den Gehaltsabrechnungen nicht die ausgefüllten Überweisungsträger bei?" Immer wieder rufen bei Dienstleistern Kunden beziehungsweise Mandanten an, um ihre Unzufriedenheit zu artikulieren - oft nicht offen, sondern versteckt hinter einer Frage. Dabei kann ihre Unzufriedenheit sich auf völlig unterschiedliche Faktoren beziehen - zum Beispiel darauf, wie der Dienstleister seine Leistung erbringt. Oder auf die berechneten Honorare. Oder darauf, wie der externe Unterstützer seine Kunden betreut.

Vielfältige Erwartungen

Wie entsteht diese Unzufriedenheit? Jeder Kunde hat an eine Dienstleistung eine Vielzahl von Erwartungen, bewusste und unbewusste. Erbringt ein Dienstleister nun eine Leistung für ihn, gleicht er diese Erwartungen mit der tatsächlich erbrachten Leistung ab. Und werden diese Erwartungen nicht oder nur teilweise erfüllt? Dann ist er unzufrieden. Werden sie hingegen übertroffen? Dann ist er begeistert.

Im Kontakt mit Dienstleistern wie Rechtanwälten oder Versicherungsvermittlern registriert man immer wieder: Relativ einfach fällt ihren Mitarbeitern der Umgang mit Beschwerden, die sich auf offensichtliche Fehler oder Versäumnisse beziehen, etwa wenn wichtige Unterlagen zu spät versendet werden.

Wenn der Kunde eine intensivere Betreuung möchte

Anders verhält es sich mit Beschwerden, die sich darauf beziehen, wie der Dienstleister seine Leistungen erbringt. Zum Beispiel, dass der Mandant eine intensivere Beratung und Betreuung wünscht.

Häufig ergibt sich dann folgende Situation: Der Mitarbeiter ist, wenn der Beschwerdeanruf erfolgt, gerade mit einer anderen Aufgabe beschäftigt und steht unter Stress. Entsprechend reserviert reagiert er, wenn der Kunde seine Beschwerde artikuliert. Und dies spiegelt sich, wenn nicht in seinen Aussagen, so doch in seiner Stimme wider. Dies registriert das Gegenüber. Und dies kommt bei ihm überhaupt nicht gut an. Er fühlt sich nicht adäquat behandelt. Entsprechend schnell eskaliert die Situation, nicht unbedingt verbal, aber in dem Sinne, dass sich beim Kunden das Gefühl verfestigt "Die nehmen mich nicht ernst." Also überlegt er sich, zumindest wenn er entsprechende Erfahrungen schon häufiger gesammelt hat: Soll ich den Dienstleister wechseln?

Dienstleister sind Dienst-Leister

Fakt ist: Oft gelingt es den Mitarbeitern von Anbietern immaterieller Dienstleistungen nicht, Beschwerdeführern das Gefühl zu vermitteln: "Die verstehen mich und versuchen ihr Bestes, um mein Problem zu lösen." Eine zentrale Ursache hierfür ist: Sie haben nicht ausreichend verinnerlicht: "Wir sind Dienst-Leister. Und unser Job ist es letztendlich, unseren Kunden das Leben einfacher, sorgenfreier und bequemer zu machen." Zum Beispiel, indem wir gewisse Aufgaben stellvertretend für sie erledigen. Ein Dienstleister, dem diese innere Grundeinstellung fehlt, wird in den Augen seiner Kunden nie ein guter "Dienst-Leister" sein. Denn er kann ihnen nicht das Gefühl vermitteln "Sie können sich mir/uns mit Ihren Bedürfnissen anvertrauen."

Den Kunden dieses Gefühl zu bieten, ist jedoch gerade für den Erfolg von Anbietern immaterieller Dienstleistungen wichtig. Denn während Kunden häufig nicht beurteilen können, wie gut ein Berater fachlich ist, bilden sie sich ein qualifiziertes Urteil, über zum Beispiel:

  1. Wie zuverlässig hält mein Berater Zusagen ein?
  2. Wie viel Zeit nimmt er sich für meine Beratung?
  3. Wie professionell wirken die Unterlagen, die er mir sendet?
  4. Wie reagiert er auf meine Wünsche und Beschwerden?

An diesen Faktoren macht sich auch meist ihr Urteil fest: "Das ist ein guter (beziehungsweise schlechter) Berater oder Unterstützer". Entsprechend professionell müssen gerade Anbieter immaterieller Dienstleistungen den Umgang mit Beschwerden gestalten.

Was erwarten Kunden im Beschwerdefall?

Unter anderem:

  1. eine gute Erreichbarkeit
  2. Aufmerksamkeit
  3. Verständnis für ihre Situation
  4. eine freundliche und höfliche Behandlung
  5. eine Entschuldigung
  6. eine fachlich kompetente und verständliche Beratung (kein Fachchinesisch)
  7. eine schnelle Erledigung/Lösung ihres Problems (und kein Vertrösten)
  8. einen Kümmerer als Gegenüber
  9. Wertschätzung
  10. eine fachlich kompetente, persönliche Betreuung bis zur endgültigen Lösung ihres Problems
  11. ein konsequentes Einhalten aller Zusagen (etwa Termine, Rückruf)

Diesbezüglich besteht bei vielen Dienstleistern Entwicklungsbedarf. Das zeigen Studien immer wieder. Sie zeigen aber auch: Die meisten Kunden artikulieren es gegenüber einem Dienstleister nicht direkt, wenn sie mit dessen Leitung unzufrieden sind. Sie wechseln ihn schlicht, wenn sich bei ihnen (mit der Zeit) ausreichend Unmut aufgestaut hat.

Damit auf die Unzufriedenheit kein Kontaktabbruch folgt

Entsprechend dankbar sollten Dienstleister sein, wenn ein Kunde mehr oder minder offen seinen Unmut artikuliert. Denn damit eröffnet er ihnen die Chance, die Unzufriedenheit aufzulösen und Zufriedenheit wieder herzustellen. Und zugleich signalisiert er ihnen hiermit: "Ich möchte mit Ihnen weiter zusammenarbeiten, wenn...."

Damit auf die Unzufriedenheit kein Abbruch der Geschäftsbeziehung folgt, muss der Dienstleister jedoch adäquat auf die Kundenbeschwerde reagieren. Dies ist oft nicht der Fall. Das zeigen Befragungen immer wieder. Dabei fällt auf: Relativ zufrieden sind die Kunden in der Regel noch damit, wie die Dienstleister fachlich ihre Beschwerden „abwickeln“. Unzufrieden sind sie aber häufig mit der „menschlichen“ Abwicklung. An diesem Punkt besteht bei vielen Dienstleistern Schulungsbedarf. Sie müssen ihren Mitarbeitern also stärker vermitteln, was „Dienst-Leister sein“ bedeutet; außerdem, an welchen Faktoren Kunden ihre Überzeugung festmachen, ob ein Dienstleister schlecht, mittelmäßig oder sehr gut (und somit empfehlenswert) ist – und zwar nicht nur im Umgang mit Beschwerden.

Sybille Letschert arbeitet als Business-Coach sowie Trainerin und Beraterin für das ifsm Institut für Sales & Management-beratung, Höhr-Grenzhausen. Die Versicherungs- und Industriekauf-frau ist unter anderem auf die Themen auf die Themen Kunden- und Serviceorientierung, effektive In- und Outbound Gespräche und Vertriebsentwicklung spezialisiert (www.ifsm-online.com).

Autor(en): Sybille Letschert

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