Susanna Adelhardt, die neue Vorsitzende der Deutschen Aktuarvereinigung, äußerte sich auf der jüngsten Jahrestagung des Berufsverbandes kritisch zu den Reformansätzen der neuen Koalitionäre beim Thema Alterssicherung. Sie meint: „Da ist in weiten Teilen noch nicht der große Wurf zu erkennen, den es braucht.“

"Wir sind viel zu spät dran"

Mit Blick auf die im Koalitionsvertrag veröffentlichten Pläne bemerkt die neue Vorsitzende der DAV, die Rentenpolitik von CDU/CSU und SPD zeige zwar grundsätzlich den politischen Willen, das bestehende Alterssicherungssystem zu stabilisieren, aber: „Wir sind in Deutschland angesichts des demografischen Wandels viel zu spät dran. Es bedarf daher in dieser Legislaturperiode massiver Anstrengungen und den Mut zu einem wirklich großen Wurf, um die Alterssicherung zukunftsfest zu machen. Dieser Mut, sich auch den unbequemen Fragen zu stellen, fehlt im Koalitionsvertrag. Die Ansätze, die genannt sind, behandeln Symptome, nicht die eigentlichen Herausforderungen.“

Dennoch sei positiv hervorzuheben, dass alle drei Säulen – gesetzliche Rente, betriebliche Altersversorgung (bAV) und private Vorsorge – grundsätzlich berücksichtigt würden. Allerdings bleibe der Koalitionsvertrag in vielen Punkten noch sehr zurückhaltend, etwa zur Ausgestaltung kapitalgedeckter Elemente oder zur Förderung der bAV.

Mittelfristig droht steigende Belastung für Beitragszahlende

Für die gesetzliche Rente vergrößere der Koalitionsvertrag das Problem ihrer Finanzierung. So werde einerseits der Status quo auf der Ausgabenseite durch die Festlegung des Rentenniveaus fortgeschrieben. Zugleich entfalle andererseits die Haltelinie für die Höhe des Beitragssatzes. Ohne strukturelle Reformen drohe mittelfristig eine deutlich steigende Belastung für Beitragszahlende, Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Unternehmen.

Susanna Adelhardt weiter: „In einem rein umlagefinanzierten System mitten im demografischen Wandel und keiner gesamtgesellschaftlichen Bereitschaft, Leistungen der Rentner anzutasten oder das Renteneintrittsalter zu erhöhen, bleiben nur zwei Stellschrauben übrig: Beitragserhöhungen, die neben den Arbeitgebern und damit dem Wirtschaftsstandort Deutschland speziell die jüngere Generation treffen, und höhere steuerlich finanzierte Zuschüsse, die den Staatshaushalt und damit die gesamte Bevölkerung extrem belasten. Umso wichtiger ist eine zusätzliche Absicherung, betrieblich wie privat.“  

Lebenslange Absicherung ist zwingend notwendig

Dabei müssten Einfachheit und eine faire, zielgerichtete staatliche Förderung im Vordergrund stehen. Wenn der Staat etwa private Vorsorge fördere, müsse das Ziel sein, dass er nicht später noch einmal über die Grundsicherung einspringen müsse – eine lebenslange Absicherung sei deshalb zwingend nötig; individuelle Auszahlungspläne statt eines kollektiven Risikoausgleichs gehen aus Sicht der DAV am Ziel vorbei.

Quelle: DAV

Autor(en): Meris Neininger