BSV-Schutz: HDI und Signal Iduna leisten weiterhin bei Corona

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Die Branche stellt ihre Bedingungen zur Betriebsschließungsversicherung (BSV) um. In der Regel sind künftig Pandemien ausgeschlossen. Zudem muss eine Erkrankung im Betrieb vorliegen, die dann zu einer behördlichen Einzelschließung führt. HDI- und Signal Iduna wollen aber auch bei Corona-Erkrankungen weiter leisten. Sie haben schon aus ihren Alt-Bedingungen voll entschädigt. Das gilt auch für die Basler, die Barmenia und den Münchener Verein. Demgegenüber sind die meisten anderen Versicherer in tausende von Rechtsstreitigkeiten verwickelt.

Fast jedes Landgericht in Deutschland beschäftigt sich bereits mit einem BSV-Fall. Allein in München hängen derzeit noch 88 Klagen an. In zwei Fällen hat das Landgericht München I aber gerade entschieden – zugunsten der Kläger. So muss die Versicherungskammer Bayern (VKB) dem Gastwirt des Augustinerkellers über eine Million Euro zahlen (Az.: 12 O 5895/20). Und die Haftpflichtkasse (HK) muss die Gaststätte Sankt Emmeramsmühle wegen der Corona-Schließung mit 427.170 Euro entschädigen. Beide Klagen wurden im Oktober 2020 entschieden. Die Versicherer „denken“ nun über eine zulässige Berufung nach. Demgegenüber hat am 21. Oktober 2020 die Allianz „klein beigegeben“. Sie hat sich mit dem Kläger, dem Betreiber des Gasthauses „Paulaner am Nockherberg“, im Streit um 1,1 Millionen Euro gütlich geeinigt. Was Deutschlands größter Versicherer tatsächlich auf den Tisch gelegt hat, ist ein Geheimnis.

Änderungskündigung von Altverträgen

Derzeit erhalten alle Kunden der Allianz eine Änderungskündigung für ihre bisherige Betriebsschließungsversicherung (BSV). Das bestätigte der Versicherer auf Anfrage. Auch andere Versicherer bieten ihren Kunden neue Verträge an. Damit wollen die Versicherer Klarheit über den Versicherungsschutz bei Pandemien schaffen. Juristen und Gerichte sehen die Versicherer vielfach aus den Alt-Bedingungen in der Leistungspflicht. Das gilt beispielsweise dann, wenn die Alt-Bedingungen unklar formuliert wurden. Im Fall eine Intransparenz müssen die Versicherer leisten. Rein theoretisch können wohl Kunden auch einen Leistungsanspruch aus dem zweiten Lockdown haben. Dies gilt für Bedingungen, die angreifbar sind und falls der Kunde seine Maximalleistungsdauer von 30 oder 60 Tage nicht schon durch den Lockdown im Frühjahr ausgeschöpft hat. Zudem muss der Vertrag natürlich weiter bestehen.

Umstellungsangebot unterbreitet, um Unklarheiten auszuschließen

In den neuen Bedingungen, die die Branche nun ihren Alt- und Neukunden anbietet, ist Covid-19 in der Regel nicht oder nur dann versichert, wenn für ihn der Status einer Pandemie nicht mehr besteht. Zudem stellen die Versicherer klar, dass nur dann Versicherungsschutz auf Basis des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) besteht, wenn eine Erkrankung im Betrieb auftritt und dieser dann wegen einer Einzelverfügung geschlossen wird. Ähnliche Angebote gibt es von der Axa Versicherung und der R+V Gruppe. Bei der Allianz sind „einige tausend Kunden“ von der aktuellen Umstellung der BSV betroffen. „Um Unklarheiten für die Zukunft auszuschließen, unterbreitet die Allianz in Deutschland seit Anfang September allen Ihren Bestandskunden (zum Beispiel Metzgereien, Bäckereien, Eisdielen, Gaststätten, Hotels und Krankenhäuser) ein Umstellungsangebot auf die neue Betriebsschließungsversicherung. Kommt es zu keiner Umstellung, werden die Verträge fristgerecht zum Ende der jeweiligen Laufzeit gekündigt“, erläutert ein Allianz-Sprecher.

„Die Versicherung des Corona-Virus in Zeiten der Pandemie ist nach unserer Auffassung risikotechnisch zu fairen Preisen nicht möglich“, so der Sprecher. Es gebe in den neuen BSV-Bedingungen nun einen klaren Ausschluss von Pandemien und Epidemien. Gleichzeitig würden aber alle im IfSG aufgeführten Krankheiten mitversichert. Damit sei in der neuen BSV auch Covid-19 nach Beendigung der Pandemie mitversichert. Dies gelte aber nur, wenn der Kunde aufgrund einer behördlichen Anordnung wegen eines Covid-19-Vorfalls im versicherten Betrieb schließen muss.

 

Kunden akzeptieren neue Bedingungen

„Die Umstellung wird derzeit gut wahrgenommen“, heißt es bei der Allianz. Noch besser läuft es bei der Basler Versicherung. „Etwa 90 Prozent unserer Kunden haben sich für die Fortführung des Versicherungsschutzes auch unter den neuen Rahmenbedingungen entschieden“, erläuterte ein Sprecher. Die Basler, gehört neben der Barmenia, dem HDI, der Signal-Iduna und dem Münchner Verein zu den wenigen Unternehmen, die eine generelle Leistungspflicht aus dem Corona-Lockdown bejahen. Für rund 2.100 Fälle hat der HDI bereits 54,2 Millionen Euro gezahlt. Die Signal iduna leistete bisher 31,7 Millionen Euro Entschädigung an 2.114 Unternehmen. Bei der Barmenia sind es für 126 Fälle rund 2,2 Millionen Euro.  In sechsstelliger Höhe hat auch der Münchener Verein entschädigt.

Bei den meisten „Zahler“ sind die Regulierungen aber noch nicht abgeschlossen. Daher dürften die Leistungen noch steigen. Einen zweiten Lockdown-Schaden wird der HDI aber nicht mehr vergüten. Die Kunden erhielten im Schadenfall eine Änderungskündigung. Das gilt auch für Bestandsverträge ohne BSV-Schaden. Die Kunden erhalten zum jeweiligen Ablauf eine ordentliche Vertragskündigung, wie ein Sprecher mitteilt. So handelt auch die Signal-Iduna-Gruppe.

Kunden können innerhalb von drei bis sechs Monaten reagieren

Beide Versicherer betonen aber, dass in den neuen BSV-Policen Covid-19 auch weiterhin mitversichert ist. „Hiernach sind jetzt auch ausdrücklich behördlich angeordnete Betriebsschließungen per Einzelverfügung aufgrund von Sars-CoV-2 versichert, wenn Mitarbeiter an Corona erkrankt sind“, heißt es etwa bei der Signal Iduna. Demgegenüber schließt die Basler, wie die meisten Assekuranzen am Markt, Pandemien explizit aus. Die Barmenia arbeitet noch an neuen BSV-Bedingungen. Das gilt auch für Die Haftpflichtkasse, die mit dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und Rückversicherern neue BSV-Bedingungen entwickelt. Gleichzeitig wurden die alten BSV-Policen ablaufbezogen zunächst bis Ende März 2021 gekündigt. Die Kunden können darauf innerhalb von drei bis sechs Monaten reagieren.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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