Cash nach dem Crash mit EU-Ausländern

Die Abwicklung von Verkehrsunfällen im Ausland oder in Deutschland mit EU-Ausländern ist wieder ein Stück einfacher geworden. Seit gut drei Jahren liegen praktische Erfahrungen vor. Jeder Versicherer in Europa muss in jedem Mitgliedsland Schadenregulierungs-Beauftragte benennen. "Dies hat sich bislang bestens bewährt", sagte Rechtsanwalt Oskar Riedmeyer, Vorstandsmitglied im Deutschen Anwaltverein (DAV) und Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der DAV-Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht auf einem Pressforum in Berlin. Wer zum Beispiel in Polen Opfer eines Verkehrsunfalls ist, kann sich in Deutschland an den Beauftragten der polnischen Versicherung wenden. Wer das ist, erfährt der Geschädigte von der nationalen Auskunftsstelle, in Deutschland beim Zentralruf der Autoversicherer (Tel.: 0180/25026). Reagiert der Beauftragte innerhalb von drei Monaten nicht oder nicht angemessen, kann sich der betroffene Autofahrer an die nationale Entschädigungsstelle wenden. In Deutschland ist dies der Verein Verkehrsopferhilfe in Hamburg.

"Früher hatte man selbst im westeuropäischen Italien keine Chance, als Anwalt aus Deutschland überhaupt nur eine Antwort auf ein Schreiben an die Behörden zu bekommen", erinnert sich Riedmeyer. Das Blatt habe sich grundlegend zum besseren gewendet. Entscheidend sei aber das Recht des Landes, wo der Unfall passiert ist. "Nicht überall ist jedoch der Schadenersatz bei Sachschäden so umfassend wie in Deutschland", warnt der Anwalt. Daher rät er zu Vorsicht, wenn sich Unfallopfer im EU-Ausland einen Mietwagen für die Zeit der Reparatur ihres Autos nehmen - sie könnten auf diesen Kosten sitzen bleiben. Auch bezahlt der Versicherer nicht überall die Kosten für einen Anwalt, den sich das Unfallopfer nimmt, etwa in Spanien.

Kommt es zum Streit vor Gericht, so hat die so genannte 5. KH-Richtlinie der EU bereits 2005 bestimmt: Forderungen vor Gericht werden am Wohnort des Geschädigten geltend gemacht. Demnach seinen deutsche Gerichte zuständig, wenn das Opfer ein Deutscher ist, auch wenn der Unfall sich außerhalb Deutschlands ereignet hat (jedoch innerhalb der EU) oder wenn der Unfall sich außerhalb der EU ereignet hat, das Auto jedoch in Deutschland versichert ist. Riedmeyer empfiehlt bei einem Crash, "in jedem Fall den Europäischen Unfallbericht auszufüllen". Das Formular gebe es bei jedem Autoversicherer und auch im Internet beim DAV. Zudem sollte man stets die Polizei rufen, und sei es nur, um "eine Unfallbestätigung zu bekommen".

Kürzlich hat der EU-Gesetzgeber noch einmal die Rechte der Autofahrer gestärkt. Mit der so genannten Rom-II-Verordnung, Mitte 2006 verabschiedet, wird nun nach einheitlichem Recht bestimmt, welche Normen bei außervertraglichen Schuldverhältnissen in der EU anzuwenden sind. Bei unerlaubten Handlungen wird das Recht des Staates angewandt, in dem der Schaden eingetreten ist. Beispiel: Der Schadenersatzanspruch deutscher Touristen, die in Ungarn in einen Unfall verwickelt werden, den der Fahrer eines griechischen Lastwagens verursacht hat, richtet sich nach ungarischem Recht. Praktische Konsequenz: Zwar sind die Beträge für Schmerzensgeld und Verdienstausfall an Unfallopfer in Ländern wie Spanien oder in Osteuropa deutlich niedriger als bei uns. "Laut Rom-II-Verordnung müssen aber nun die persönlichen Verhältnisse berücksichtigt werden", macht der DAV Unfallopfern Mut. Beispiel Hirnschaden: Hier gebe es im Ausland sicherlich weniger Geld als bei uns, doch "Ansprechpartner für das Opfer ist ja der deutsche Korrespondenz-Versicherer", weiß Riedmeyer. Und der habe ein gewisses Verständnis für das Opfer, das aus der deutschen Regulierung solcher Schäden stammt. Ohne Anwalt und auf eigene Faust sollte dies jedoch kein Betroffener tun. Die Verkehrsrechtsanwälte im DAV verfügten inzwischen bundesweit über eine erhebliche Expertise bei grenzüberschreitenden Kfz-Unfällen.

Änderungen kündigte der DAV bei ausländischen Geldbußen an. Bislang würden Bußgeldbescheide und Strafverfügungen, wo nicht im Ausland vor Ort kassiert und bestraft wird, nur in Österreich und den Niederlanden gegen Deutsche vollstreckt. Da die Regelsätze in vielen Ländern deutlich höher sind als bei uns, müssen Bundesbürger mit erheblichen Mehrkosten bei Fehlverhalten im Straßenverkehr anderer EU-Länder rechnen. Der entsprechende Rahmenbeschluss des EU-Ministerrates hätte bis spätestens 22. Juli 2007 in nationales Recht umgesetzt sein müssen. Daher erwartet der DAV nun ein Ausführungsgesetz für Deutschland nach der parlamentarischen Sommerpause. "Ein rückwirkendes Inkrafttreten ist grundsätzlich zulässig", sagt Riedmeyer.

Autor(en): Detlef Pohl

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