Die Zukunft der Versicherungsvermittler in den Augen der Eiopa

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Die Europäische Versicherungs- und Pensionskassen-Aufsicht Eiopa hat vergangene Woche einen Bericht zur Struktur des Versicherungsvermittler-Marktes in Europa veröffentlicht. Unser Autor Matthias Beenken bezieht in einem Interview dazu Stellung. In diesem spricht er über die Erkenntnisse des Berichts und dessen Grenzen.

Versicherungsmagazin (VM): Wie entwickelt sich der Versicherungsvertrieb in Europa?
Matthias Beenken: Die Anzahl der Vermittler sinkt in der ganzen Union, zwar nicht rapide, aber doch kontinuierlich. Im Zeitraum 2013 bis 2017 ist die Gesamtzahl der registrierten Vermittler von 1,22 Millionen auf knapp 1, 07 Millionen Personen und Firmen gesunken.

VM: Welche Ursachen nennt die EIOPA dafür?
Beenken: Das ist von Land zu Land recht unterschiedlich. Teilweise liegt es wohl schlicht an veränderten, strengeren Registrierungsbedingungen. Aber auch der Wettbewerbsdruck durch neue Vertriebswege und in einigen Ländern Insolvenzen oder Runoffs von Versicherern werden dafür verantwortlich gemacht. Insgesamt aber kommt die EIOPA zum Fazit, spielen Versicherungsvermittler nach wie vor die entscheidende Rolle beim Vertrieb von Versicherungen.

VM: Was ist das Ziel des Marktstrukturberichts?
Beenken: Zunächst einmal hat die Richtlinie IDD der EIOPA die Aufgabe zugewiesen, 2018 einen ersten und danach alle zwei Jahre Folge-Berichte zu erstellen, damit die Europäische Kommission Veränderungen in der Marktstruktur und die Wirkung der Regulierung beobachten kann. Das ist eine wesentliche Grundlage für künftige Evaluierungen der Richtlinie, Europa will also wissen, ob die Richtlinie gut war für den Markt.

VM: Was kann einen Regulierung denn Gutes bewirken?
Beenken: Hier geht es vor allem um den grenzüberschreitenden Vertrieb von Versicherungen. Europa möchte, dass die Vermittler an den Vorteilen des Binnenmarkts teilhaben und ihr Geschäftsgebiet damit erweitern können. Für die Kunden ist das auch von Vorteil, weil es mehr Wettbewerb und damit mehr Angebotsvielfalt gibt.

VM: Funktioniert das denn?
Beenken: Hier macht der Marktstrukturbericht ein Dilemma deutlich. Es gibt schlicht keine ausreichenden Statistiken, aus denen abgelesen werden kann, wie viel Versicherungen grenzüberschreitend vermittelt werden. Das Einzige, was die EIOPA von den nationalen Aufsichtsbehörden erhalten konnte, war die Anzahl der Notifizierungsverfahren, also wie viele Vermittler ihrer Heimatbehörde gegenüber angegeben haben, im EU-Ausland tätig werden zu wollen. Das wird ja von der nationalen Aufsichtsbehörde, bei uns der IHK, erfasst und dann den entsprechenden Ländern mitgeteilt. Die Anzahl der Notifizierungen wächst tatsächlich, Aber das allein gibt noch keinen zuverlässigen Hinweis, wie viele Versicherungen tatsächlich über Grenzen hinweg verkauft werden.

VM: Ist denn der europaweite Vertrieb für Versicherungsagenturen überhaupt interessant?
Beenken: Für Vertreter in der Regel nicht, denn die sind an einen oder einige Versicherer und damit an deren Geschäftsgebiet gebunden. Die meisten Versicherer beschränken sich bisher auf Deutschland oder wie bei den öffentlich-rechtlichen Versicherern sogar nur auf bestimmte Regionen. Selbst die internationalen Versicherer setzen nationale Ausschließlichkeitsvertriebe ein. Aber für Makler ist die grenzüberschreitende Tätigkeit durchaus relevant und im Industrie- und Großgewerbegeschäft längst Realität. Und selbst im Privatkundengeschäft ist es nicht unüblich, dass Makler ausländischen Versicherer und deren Angebote in Deutschland vertreiben – warum nicht auch umgekehrt?

VM: Welche Rolle spielt der Direktvertrieb in Europa?
Beenken: Der Marktanteil der Direktversicherer, aber auch der Vergleichsportale und ähnlicher Aggregatoren wächst. Trennscharf unterscheiden kann man hier nicht zwischen dem Direktvertrieb durch Direktversicherer oder durch Online-Vermittler. In der Schadenversicherung gibt es europaweit zunehmend Vertrieb ohne persönlichen Kontakt, in der Lebensversicherung gilt das nur für Märkte, in denen nicht Bankvertriebe sehr erfolgreich in der Lebensversicherungs-Vermittlung unterwegs sind.

VM: In Deutschland wird ein Provisionsdeckel diskutiert wie sieht es da in anderen Ländern der EU aus?
Beenken: Es gibt ja bereits einige Länder mit noch weitergehenden Regeln bis hin zum Provisionsverbot, jedenfalls für Makler und dort auch in der Regel nur für Kapitalisierungsprodukte. Die EOPA stellt aber fest, dass europaweit immer noch die Provision das vorherrschende Vergütungssystem ist und Honorarsysteme in der Minderheit. Genauere Angaben zu den Provisionshöhen gibt es aber nicht, die EIOPA kann hier nur aus verschiedenen Studien und indirekt abgeleitet aus den Solvenzberichten der Versicherer Größen ableiten. Dabei zeigt sich, dass wir in Deutschland keineswegs übertrieben hohe Vergütungen kennen, gerade auch nicht in der Lebensversicherung.

VM: Warum weiß man so wenig über solche Marktstrukturen?
Beenken: Die Hauptursache ist, dass es bisher jedenfalls versäumt wurde, die nationalen Aufsichtsbehörden zur Erhebung und Auswertung verschiedener Strukturdaten zu verpflichten. Ich bin dafür, in der Evaluation der IDD solche Verpflichtungen in die Richtlinie aufzunehmen. Nehmen Sie Deutschland: Wir wissen ja noch nicht einmal, wie viele der knapp über 200.000 registrierten Versicherungsvermittler haupt- und wie viele nebenberuflich tätig sind. Oder wer von den Vertretern mit Gewerbeerlaubnis tatsächlich in der Ausschließlichkeit und nicht wie oft fälschlich vermutet Mehrfachvertreter ist.
Deutschland konnte zum Beispiel auch keine eigenen Zahlen liefern, wie viele Vermittler als natürliche und wie viele als juristische Personen tätig sind. Es hapert an allen Ecken und Enden an Daten und auch am Willen, überhaupt solche zu erheben. Dann darf man sich aber nicht wundern, wenn in den Vergütungsdiskussionen viel über Meinungen und wenig über Fakten gesprochen wird.

Autor(en): Versicherungsmagazin

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