Kalkulationszins bei PKV teilweise zu niedrig

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Welche PKV-Versicherer wirtschaften besonders solide? Entscheiden ist hier unter anderem das Kapitalanlageergebnis. Wer gut abschneidet, zeigt eine aktuelle „PKV-Zahlenanalyse für 2020“.

Aktuell scheint die laufende Durchschnittsverzinsung besonders geeignet den tatsächlichen Erfolg eines Krankenversicherers zu beschreiben. Im Gegensatz zur Nettoverzinsung kann diese Kennzahl nämlich nicht durch die Auflösung stiller Reserven aufgebessert werden, weil sie nur regelmäßig anfallende Erträge und Aufwendungen berücksichtigt. Eine hohe laufende Durchschnittsverzinsung ist positiv zu bewerten. Sechs PKV-Versicherer schaffen es tatsächlich in der Niedrigzinsphase eine laufende Durchschnittsverzinsung von drei Prozent und mehr zu erwirtschaften.

Weitere neun Unternehmen liegen zwischen 2,9 und 2,6 Prozent. Damit schneiden 17 PKV-Anbieter mit unter 2,6 Prozent schlechter als der Marktmittelwert ab. Besonders betroffen sind Mecklenburgische und UKV. Beide schaffen nur noch 1,8 Prozent. Demgegenüber steht die DKV bei dieser Kennzahl echt gut dar. Sie schafft 3,9 Prozent und hat damit diesen Wert seit 2018 sogar um 0,6 Prozentpunkte verbessert. Auf den Rängen folgen Inter (3,4 Prozent), Signal Iduna und Debeka (beide 3,3), HanseMerkur (3,2) sowie Allianz (3,0).

Können im Alter die Prämien oft moderat halten

Verzinsen sich die für das Alter angesparten Reserven schlechter, müssen die Prämien erhöht werden. Denn ein PKV-Tarif ist auch ein Sparvertrag. Die Versicherer kassieren dabei von den jüngeren Kunden etwas höhere Beiträge, als sie für Schäden benötigen. Diese Mehreinnahmen legen sie am Kapitalmarkt an und können damit im Alter die Prämien oft moderat halten. Daher sollten die Unternehmen ihre Kalkulation über den internen Rechnungszins zeitnahe dem Kapitalanlageergebnis anpassen. Andernfalls müssen die Kunden tendenziell mit steigenden Prämien rechnen. Betroffen ist hier vor allem die Arag. Sie weist einen durchschnittlichen unternehmensindividuellen Rechnungszins von 2,6 aus. Schafft aber 2020 nur noch eine laufende Durchschnittsverzinsung von 2,1 Prozent. Damit klafft hier eine Differenz von 0,5 Prozentpunkten. Bei der SDK und der Mecklenburgischen liegt diese Differenz bei 0,2 Prozentpunkten.

Einen leicht geringeren Rechnungszins im Vergleich zu Durchschnittsverzinsung haben auch die Nürnberger, die R+V, die Provinzial Hannover und die Alte Oldenburger. Bei der UKV würde im schlimmsten Fall die Differenz sogar 1,7 Prozentpunkte ausmachen, im günstigsten Fall immerhin noch 0,4 Prozent. Ähnliches gilt für die BBK. Hier wäre der Worst-Case ein Unterschied von 1,5 Prozentpunkte und der günstigste Fall 0,2 Prozentpunkte. Beide Unternehmen nennen nämlich nur eine Prozentspanne beim Rechnungszins. Noch intransparenter sind AXA, Continentale, LKH, Hallesche und HanseMerkur. Diese Unternehmen verweigern Angaben zum internen Rechnungszins. Das sollte Vermittler kritisch stimmen. Falls es sachgerecht ist, sollten solche Versicherer als kundenunfreundlich in die zweite Reihe bei der Beratung gestellt werden.

Krankenzusatzversicherung boomt

Eines ist sicher: Sollte tatsächlich eine Bürgerversicherung kommen, werden die PKV-Unternehmen weiter in großem Umfang Krankenzusatzversicherung verkaufen. Das Geschäft boomt, weil Kassenpatienten sehr wohl die Defizite der gesetzlichen Absicherung erkennen. 26 Unternehmen konnten 2020 mehr Krankenzusatzversicherungen verkaufen. Teilweise in großem Stil. So gewann Spitzenreiter Barmenia insgesamt über 112.000 neue Kunden. Und der kleine Münchener Verein brillierte mit fast 82.000 neue Kunden beim Bestand für den Krankenzusatzschutz. Insgesamt konnten die erfolgreichen 26 Unternehmen ihren Kundenbestand in diesem Sektor um knapp 747.000 Verträge erhöhen. Demgegenüber "patzten" nur sechs Unternehmen bei Zusatzversicherungen und verloren Bestand.

Besonders betroffen sind Signal Iduna mit fast 9.900 Kunden, die Continentale (minus 7.286) und die Axa (minus 5.989). Einen echten Marktführer gibt es hingegen in Sachen Pflegezusatzversicherung. Hier schlägt die Allianz alle Mitbewerber um Längen. So konnte der Münchener Krankenversicherer 2020 unter dem Strich seinen Kundenstamm um über 22.000 Personen erhöhen - seit 2018 waren es sogar fast 50.000. Auf den Rängen folgen mit einem deutlichen Bestandsplus bei der Pflege die Debeka (3.258), die Barmenia (2.379) und die R+V (2.281). Die Konkurrenz sollte hier unbedingt einmal über den Tellerrand schauen und sich über die Art und Weise der "Pflegeberatung" der Allianz informieren.

Abschlussaufwendungen oft deutlich gestiegen

Deutlich mehr Provisionen als im Vorjahr zahlte 2020 die Arag. Der Abschlussaufwand stieg um über 67 Prozent auf 66,4 Millionen Euro. Grund ist ein Boom sowohl bei Vollversicherungen (plus 5.790 Verträge) als auch bei Zusatzpolicen (14.366). Mehr Provisionen zahlte auch die Vigo (plus 20,7 Prozent). Der Bestand bei Zusatzversicherungen stieg um rund 33.600 Verträge. Mehr Abschlussaufwand weist auch die Nürnberger aus (plus 16 Prozent). Trotzdem konnte sie nur im Bereich der Zusatzversicherung den Bestand erhöhen (plus 21.580), während die Barmenia, die 15,3 Prozent mehr Provisionen an die Vermittler leistete bei Vollversicherten leicht und bei Zusatzversicherten stark zulegte. Am Ende der Fahnenstange stehen Signal Iduna, mit 12,1 Prozent weniger Provisionszahlungen und deutlichen Bestandsverlusten bei Voll- und Zusatzversicherten. Das gilt in ähnlicher Weise für die SDK, die einen Provisionsabrieb von 7,1 Prozent verzeichnet.

Wer solide wirtschaftet

Eine zentrale Kennzahl ist bei PKV-Unternehmen die Verwaltungskostenquote. Sie gibt an, welcher Anteil der Bruttobeiträge eines Jahres für Verwaltungsleistungen verbraucht wurde und zeigt so, wie kostengünstig ein Unternehmen seine Dienstleistung erbringt. Deshalb ist eine niedrige Verwaltungskostenquote eher positiv, eine hohe eher negativ zu werten. Da sich die PKV-Unternehmen mehr Service auf ihre Fahnen geschrieben haben, sollten Vermittler prüfen, wer dies effizient leisten kann. Im Schnitt lag beim beobachteten Markt die Verwaltungskostenquote 2020 bei 2,5 Prozent. 18 Krankenversicherer weisen eine bessere Quote aus. Spitzenreiter ist die Huk-Coburg mit 0,9 Prozent, gefolgt von der Debeka mit 1,4 Prozent.

Diese Quoten sind vor allem deshalb besonders gut, weil beide Versicherer überdurchschnittlich viele Beamte in ihrem Bestand haben, denn in Beihilfetarifen ist der Versicherungsbeitrag bei gleichen Verwaltungskosten je Vertrag grundsätzlich niedriger, da nur ein Teil des Risikos versichert werden muss. Gut im Rennen liegen bei den Maklerversicherern beispielsweise die Alte Oldenburger (1,7 Prozent), die Axa (1,8) oder die HanseMerkur (1,9). Vorsicht gilt hingegen bei der Vermittlung von Anbietern mit überdurchschnittlich hohen Verwaltungskosten. Das macht sie tendenziell teuer. Betroffen sind beispielsweise die Vollsortimenter Nürnberger (4,0 Prozent), DEVK (3,8), Generali (3,5), Württembergische und Mecklenburgische (beide 3,1) sowie Münchener Verein (3,0) und Inter (2,8).

Unser Lesetipp für Sie

Mehr Informationen liefert die kompakte Kennzahlenübersicht, die das Versicherungsmagazin erstellt hat und im Novemberheft veröffentlicht. Dargestellt wurden 32 private Krankenversicherer.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

Zum Themenspecial "PKV"

 

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