Mehr Anlegerschutz bei geringeren Kosten

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Die europäischen Versicherungsaufseher sehen verschiedene Entwicklungen beim Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten kritisch. Einige Änderungsvorschläge lassen erkennen, wie eine neue IDD aussehen könnte.

Die Europäische Versicherungsaufsichtsbehörde EIOPA wurde Mitte vergangenen Jahres von der EU-Kommission aufgefordert, sich mit dem Schutz der Kleinanleger in Zusammenhang mit dem Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten zu befassen. Der Bericht wurde vor kurzem veröffentlicht. Fokus der Untersuchung sollte der Umgang mit Interessenkonflikten im Vertriebsprozess und die Produktkomplexität sein.

Dazu wurde unter anderem eine öffentliche Befragung durchgeführt, an der allerdings nur relativ wenige Verbände teilnahmen, vorwiegend aus dem Bereich Versicherungs- und Vermittlerverbände. Die Antwortfrist war relativ kurz. Relativ die meisten Rückmeldungen kamen aus Deutschland.

Unübersichtliche Verbraucherinformationen

Das erklärte Ziel ist, mehr Kleinanleger für Investments in den Kapitalmärkten zu gewinnen. Dabei sollen einerseits ein hohes Schutzniveau, andererseits eine rentierliche Anlage („Value for Money“) gewährleistet werden. Die Regulatorik soll dazu einen risikobasierten Überwachungsansatz beisteuern.

Die Aufsicht kritisiert die Unübersichtlichkeit der Verbraucherinformationen. So gebe es Überschneidungen bei den allgemeinen Versicherungsinformationen nach Solvency II sowie den Vorgaben für ein Informationsblatt für Versicherungsanlageprodukte. Neue, einheitliche Informationspflichten gegenüber Kunden sollten in der Versicherungsvertriebs-Richtlinie IDD verankert werden.

Über die IDD sollte zudem ein jährlicher Standbericht etabliert werden. Der Kunde sollte damit erfahren, welche Prämien er bisher bezahlt hat, welche Wertentwicklung die Anlage in der Vergangenheit erreicht hat und was der aktuelle Wert der Anlagen ist.

Kundenverständlichkeit oberstes Gebot

EIOPA spricht sich dafür aus, solche Kundeninformationen stets auf Basis von Marktforschung zu entwickeln, damit sie möglichst gut verständlich und nutzbringend ist. Neu entwickelte Dokumente sollen konsequent die bisherigen ersetzen anstatt sie einfach den bisherigen hinzuzufügen. Dieser Grundsatz wäre auch für die derzeitigen Informationsvorschriften im deutschen Versicherungsvertragsgesetz wünschenswert, wo im Zuge der VVG-Reform den für viele Kunden kaum verständlichen Vertragsinformationen ein Produktinformationsblatt hinzugefügt wurde.

Außerdem plädiert EIOPA dafür, das „Papier zuerst-Prinzip“ der IDD durch ein „Digital-zuerst“ zu ersetzen. Ganz auf Papier verzichten will man aber wohl nicht, obwohl dadurch teure Parallelprozesse bei den Versicherern aufrechterhalten werden müssen.

Provisionen sind nun mal üblich

Zum Thema Interessenkonflikte nimmt EIOPA zur Kenntnis, dass das Provisions-basierte Vertriebsmodell derzeit das vorherrschende in den meisten europäischen Märkten ist. Besonders glücklich ist sie damit dennoch nicht und glaubt, dass es immer noch zu viele Fehlanreize durch Vergütungssysteme gibt. Ein radikales Modell wie ein Provisionsverbot wird aber nicht befürwortet. Es gebe nicht die eine, allumfassende Lösung, die allen europäischen Märkten gleichermaßen gerecht wird.

Damit der Vertriebsprozess schlanker und kostengünstiger wird, möchte die europäische Aufsicht eine Klärung erreichen, wie sich der klassische Wunsch- und Bedürfnis-Test und die Eignungsprüfung beim Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten zueinander verhalten.

Nachhaltigkeits-Vorgaben verkomplizieren die Beratung

Noch nicht erwähnt wird, dass diese gerade erneut komplizierter wird durch die Umsetzung der erweiterten Eignungsprüfung in Bezug auf Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden. EIOPA selbst schlägt dafür – in einem anderen Papier – eine weitere Ausdifferenzierung des Eignungstests einschließlich einer Aufklärung der Kunden über die Nachhaltigkeitsbegriffe, eine detaillierte Befragung und eine zweitstufige Produktauswahl vor. Das passt mit dem geäußerten Wunsch nach Einfachheit und Kosteneffizienz weniger gut zusammen.

Vorgeschlagen wird, den Vertriebsprozess stärker zu digitalisieren, allerdings werden auch darin neue Risiken erkannt. Begleitend könnte eine bessere finanzielle Allgemeinbildung der Kunden helfen, allerdings könne das nicht eine effektive Regulierung und Überwachung des Vertriebsprozesses ersetzen.

Eine Reihe interessanter Vorschläge im EIOPA-Papier

Weiter möchte EIOPA eine Klarstellung in den Vorgaben der IDD zum Produktgenehmigungsprozess bei der Entwicklung neuer Produkte und wesentlicher Änderung bestehender Produkte erreichen. Produktentwickler sollen in ihre Bewertungen das Risiko im Zielmarkt aufnehmen, dass Kunden wesentliche Produkteigenschaften, Kosten und Risiken eines Produktes missverstehen zu können.

Insgesamt finden sich damit eine Reihe interessanter Vorschläge in dem Papier, allerdings auch offene Widersprüche. Mehr Regulierung und weniger Kosten, das hat etwas von der sprichwörtlichen Quadratur des Kreises.

Autor(en): Matthias Beenken

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