PKV-Tarifwechselberatung: Verbraucherschützer gehen gegen Makler und Berater vor

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Weiterhin gibt es Streit um eine faire Tarifwechselberatung für Privatkrankenversicherte. Privatpatienten können oft viel Geld sparen, wenn sie innerhalb ihres Unternehmens den Tarif wechseln. Die Kundenberatung ist sehr aufwändig, weil sie eine individuelle Bedarfsermittlung und einen Bedingungsvergleich erforderlich macht. Daher haben Versicherungsmakler und Versicherungsberater Geschäftsmodelle entwickelt, die eine Beratung gegen Honorar ermöglichen.

Oft müssen die Privatversicherten nur zahlen, wenn der Tarif erfolgreich umgestellt wurde. Diese Geschäftsmodelle werden nun vom Bund der Versicherten (BdV) massiv angegriffen. So wurde der Versicherungsmakler MLP nach erfolgloser Abmahnung verklagt und der Versicherungsberater Minerva Kundenrechte GmbH abgemahnt. Die Angegriffenen sehen sich im Recht. Zudem weist der betroffene Versicherungsberater darauf hin, dass der BdV selbst auf dem Markt der PKV-Tarifwechselberatung tätig ist.

Klage und Abmahnung
Nach Ansicht des BdV dürfen Versicherungsmakler eine Tarifwechselberatung nur als Nebenleistung der Versicherungsvermittlung tätigen. Darüber hinaus dürfen sie mit einem Verbraucher kein gesondertes Honorar vereinbaren. Nachdem MLP die vom geforderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nicht abgegeben hat, hat der BdV Klage beim zuständigen Landgericht Heidelberg eingereicht. Eine Tarifwechselberatung dürfen nach Meinung des BdV nur die behördlich zugelassenen Versicherungsberater. Doch auch hier sind die Verbraucherschützer kritisch und nicht mit jedem Geschäftsmodell einverstanden. So ist nach Meinung des BdV eine erfolgsabhängige Bezahlung von Versicherungsberatern die Privatkrankenversicherten zu einem günstigeren Tarif bei der gleichen Gesellschaft verhelfen, gesetzlich verboten. Daher hat der Bund jetzt den Versicherungsberater Minerva Kundenrechte GmbH aus Grünwald abgemahnt.

Nach Meinung des BdV ist die Tarifwechselberatung eine Rechtsdienstleistung für die das Vergütungsrecht von Rechtsanwälten gilt. "Ein Rechtsanwalt darf ein Erfolgshonorar nur für den Einzelfall vereinbaren und auch nur dann, wenn der Ratsuchende aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse anderenfalls von der Rechtsverfolgung absehen würde. Minerva vereinbart das Erfolgshonorar jedoch nicht nur in Einzelfällen, sondern im Regelfall", kritisiert der BdV in einer Pressemitteilung. Außerdem werde der Kunde für die nächsten 24 Monate an die Vergütungsvereinbarung gefesselt. Das Honorar müsse auch dann gezahlt werden, wenn die Umstellung nicht durch Minerva herbeigeführt wurde.

Erfolgsbezahlung für Kunden besser
Dies ist nach Darstellung von Minerva nicht richtig. "Das Honorar ist fällig, wenn die Beratung für den Versicherten erfolgreich war, also das ausgearbeitete Konzept zur Vertragsumstellung den Kunden überzeugt und er den Tarifwechsel innerhalb von 24 Monaten vollzieht", erklärte Geschäftsführer Nicola Ferrarese. Wenn ein Wechsel nicht empfohlen wird oder der Versicherte nicht in den neuen Tarif wechselt, werde auch kein Honorar verlangt. Es gebe somit keine Knebelvereinbarung. Zudem verteidigte der Geschäftsführer sein Geschäftsmodell. Hier müssten die Kunden eben nicht immer, sondern nur bei erfolgreicher Vertragsumstellung zahlen.

Das Unternehmen habe bereits 8.000 Tarifwechsel durchgeführt. Die Zufriedenheit der Mandanten sei hoch. Als Honorar verlangt Minerva die Hälfte der jährlichen Ersparnis zuzüglich 19 Prozent Mehrwertsteuer. Über die durchschnittliche Honorarhöhe macht das Unternehmen keine Angaben.

Scharfe Kritik an BdV
Ferrarese kritisierte das Verhalten der Verbraucherschützer. So sei die vom BdV vertretene Rechtsmeinung falsch, denn Gerichte hätten bereits entschieden, dass das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) auf Versicherungsberater, die nach § 34 e Gewerbeordnung arbeiten würden, keine Anwendung findet. Das habe man dem BdV in einem ausführlichen Schreiben mitgeteilt. Statt einer Stellungnahme habe der Verband nun öffentlich eine Abmahnung angekündigt.
Problematisch ist nach Einschätzung der Versicherungsberater, dass der BdV nach eigenen Angaben ebenfalls im Markt der Tarifwechselberatung aktiv ist.

So verlangt die BdV Verwaltungs GmbH (BVG) aus Henstedt-Ulzburg für eine solche Beratung rund 680 Euro. Das ist ein Festpreis, den jedes BdV-Mitglied zusätzlich zum Mitgliedsbeitrag zahlen muss, wenn es eine PKV-Tarifwechselberatung in Anspruch nehmen möchte. Die Verbraucherschützer würden somit in Wahrheit über ihre Tochtergesellschaft als Wettbewerber zu Minerva auftreten. "Daher drängt sich die Frage auf, ob der BdV seine Sonderstellung nicht für eigene wirtschaftliche Interessen ausnutzt" so Versicherungsberater Ferrarese.

Der BdV ist laut dem Bundesamt der Justiz nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eine "qualifizierte Einrichtung" und darf im Interesse der Verbraucher Verbandsklagen führen. Demgegenüber sieht der BdV selbst keinen Interessenkonflikt. Zwar sei die Tochtergesellschaft ebenfalls als Versicherungsberaterin zugelassen. Sie würde aber kein erfolgsabhängiges Honorar für Tarifwechselberatung verlangen. Das Honorar falle auch dann an, wenn das BdV-Mitglied nicht in einen anderen Tarif wechseln könne. „Hinzukommt, dass die BVG diese Dienstleistung nur unseren Mitgliedern gegenüber anbietet. Ein direkter Wettbewerb mit der Firma Minerva besteht schon aus diesem Grunde nicht“, erklärte Pressesprecherin Bianca Boss.

Versicherungsberaterverband stützt BdV
Die Rechtsauffassung des BdV zur PKV-Tarifwechselberatung wird vom Berliner Bundesverband der Versicherungsberater (BVVB) geteilt. "Die Vereinbarung eines erfolgsabhängigen Honorars, das sich an der Höhe der jährlichen Prämienersparnis des Mandanten orientiert, widerspricht nicht nur den BVVB-Grundsätzen der Berufsausübung, sie ist auch unzulässig", erklärte Verbandspräsident Frank Golfels auf Anfrage. Der BVVB verweist aber darauf, dass es aktuell hierzu noch eine "uneinheitlichen Rechtsprechung" gebe.

Daher sollte die Honorierung von PKV-Tarifwechsel gesetzlich im Rahmen der Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) klargestellt werden. BVVB-Mitglieder würden in der Regel einen Bruttostundensatz von rund 130 Euro verlangen. In der Praxis kostet eine Tarifwechselberatung mit individueller Bedarfsermittlung, Festlegung der Tarifalternativen und Bedingungsvergleich zwischen 390 und 530 Euro "Sehr viel länger dauert es erfahrungsgemäß dann, wenn der Versicherer mauert" so BVVB-Vizepräsident Klaus Blumensaat. Häufig habe dann aber die Gesellschaft die Honorarkosten als Rechtsverfolgungskosten zu tragen.

MLP sieht Klage gelassen entgegen
Die MLP AG sieht einer Klage gelassen entgegen. "Wir haben unseren Service 2015 eingeführt und ihn rechtlich vorab prüfen lassen“" sagt ein Sprecher ds Unternehmens. Als Beweis dokumentiert MLP ein Schreiben vom 31. April 2014 der IHK Rhein-Neckar, dass die "bundesweit abgestimmte Position" des Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) zum Tarifwechsel wiedergibt. Darin heißt es: "Es gehört zum Berufsbild des Versicherungsmaklers, auch bestehende Verträge darauf zu überprüfen, ob diese dem Bedürfnis und Interesse des Versicherungsnehmers entsprechen." Dabei komme es nicht darauf an, ob die Tätigkeit für den Abschluss des bisher bestehenden Vertrages ursächlich war. Erfolge ein Tarifwechsel beim gleichen Versicherungsunternehmen ("Umdecken") fällt diese Tätigkeit unter die "Versicherungsermittlung".

Im Vordergrund der Wechselberatung stehe in erster Linie die Optimierung der vertraglichen Situation für den Versicherungsnehmer mit dem Ziel des Tarifwechsels. Solange sich die Tätigkeit des Versicherungsmaklers auf den Tarifwechsel nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) beschränke, würde diese Tätigkeit nicht unter die Maßstäbe des RDG fallen. Zudem dürfe der Makler eine erfolgsabhängige Vergütung verlangen. Die privaten Krankenversicherer honorieren diese - für sie meist mit finanziellen Einbußen einhergehende - Tätigkeit nicht. MLP berät im Erfolgsfall gegen eine Pauschale, die rund 400 Euro betragen soll.

Gerichte urteilen unterschiedlich
Auch Gerichte haben bereits über die Legitimität der Tarifwechselberatung durch Versicherungsmakler geurteilt. Sie wurde gleich von mehreren Landgerichten als zulässig erachtet (LG Hamburg; 315 O 64/12; LG München II 4 HK O 5253/12). Die abweichende Meinung des Landgerichts Saarbrücken (14 O 152/15), dass es sich bei der Tarifberatung nicht um eine Maklerleistung handele, weil kein Hauptvertrag abgeschlossen werde, hält der Bremer Rechtsanwalt und Vertriebsexperte Jürgen Evers für falsch. Grund: Die Parteien eines Maklervertrages könnten selbst festlegen, welchen Erfolg sie wünschen würden. Daher sei es auch möglich, eine Vereinbarung zu treffen, um einen bestehenden Krankenversicherungsvertrag für den Kunden günstig zu modifizieren.

Bild: © Visty /Fotolia.com

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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