Run-off heißt nicht Licht aus

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Mehr als sieben Prozent der Prämien der Lebensversicherten fließen an Gesellschaften, die kein Neugeschäft mehr zeichnen oder sogar als so genannte Run-off-Plattformen gerade nicht auf Neugeschäft ausgerichtet sind.

Der Anteil der Run-off-Gesellschaften an den gesamten Prämieneinnahmen der in Deutschland tätigen Lebensversicherer ist allerdings im Jahr 2019 von 8,2 auf 7,2 Prozent zurückgegangen. Dafür gibt es zwei Gründe: Die Branche ist insgesamt im letzten Jahr sehr stark gewachsen – und die Run-off-Versicherer haben Prämien verloren.

Manche Run-off-Bestände wachsen weiter

Der zweitgenannte Effekt ist aber gar nicht so stark, wie man vermuten könnte. Tatsächlich ist das Prämienvolumen von insgesamt 13 Lebensversicherern, die laut Map-Report im Run-off sind oder jedenfalls derzeit kein Neugeschäft mehr zeichnen, leicht um 2,1 Prozent von 7,2 auf 7,1 Milliarden Euro zurückgegangen.

Im selben Zeitraum ist die restliche Branche allerdings um stolze 12,2 Prozent gestiegen. Allen Unkenrufen und Verbraucherschutzbedenken zum Trotz scheinen die Bundesbürger die deutsche Lebensversicherung weiterhin oder gerade jetzt für einen sicheren Hafen für ihr Geld zu halten.

Abwicklung in Eigenregie kann bestandssteigernd wirken

Selbst einige Run-off-Gesellschaften konnten die Prämie steigern: Die Nummer 2 der Run-off-Versicherer, Ergo, wuchs um 3,3 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro. Die Bayerische Beamten schaffte 4,5 Prozent Wachstum, wenn auch auf kleinerer Basis – 2019 verbuchte sie 176 Millionen Euro. Und sogar um 44,4 Prozent aufwärts ging es für den kleinen Rheinland-Bestand auf 74 Millionen Euro.

Auffällig ist, dass jedenfalls diese drei genannten Gesellschaften die Run-offs in Eigenregie betreiben. Es gibt zwar weitere Versicherer, die in Eigenregie den Bestand abwickeln, aber keinen Zuwachs erreichten. Dazu gehört auch die zum Ergo-Konzern gehörende Victoria Leben, deren Bestand um 6,1 Prozent auf 612 Millionen Euro sank. Allerdings verzeichnete keine der Run-off-Plattformen ein Wachstum.

 

Auf Run-off-Plattformen ist Rückgang vorherrschend

Die größte Run-off-Gesellschaft Proxalto, die den Bestand der Generali Leben verwaltet und im Ranking deutscher Lebensversicherer immerhin noch Rang neun belegt, schmolz die Prämien um 5,8 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro ab. Den relativ größten Rückgang verzeichnete Athora mit einem Minus von 8,2 Prozent auf 163 Millionen Euro, die vom alten Delta Lloyd-Bestand übrig sind.

Um 7,6 Prozent schrumpfte auch der ehemalige Arag Leben-Bestand unter dem Run-off-Namen Frankfurt Münchener auf 167 Millionen Euro. 7,5 Prozent betrug das Minus beim kleinsten Run-off-Unternehmen Plus, das nur noch knapp 14 Millionen Euro Bestand in den Büchern führt.

Versicherer wickeln nicht primär Klassik ab

Run-off ist keineswegs nur eine Option für Klassik-Bestände, das heißt für kapitalbildende Lebens- und Rentenversicherungen mit Garantieverzinsungen aus einem Deckungsstock. Im Gegenteil: Der Anteil fonds- und indexgebundener Verträge, die wenn überhaupt, dann jedenfalls nicht durch klassische Zinsgarantien belastet sein können, liegt bei den Run-off-Beständen höher als im Gesamtmarkt. Mit 22,3 Prozent Anteil übersteigt er die 16,7 Prozent in den aktiven Beständen deutlich.

Am höchsten ist der Anteil fonds- und indexgebundener Verträge im Run-off-Bestand der deutschen Skandia mit 97 Prozent der insgesamt noch 284 Millionen Euro Bestandsprämie. Auch bei der Heidelberger liegt er mit 86 Prozent der 662 Millionen Euro hoch. Beachtlich sind schließlich noch 44,4 Prozent im Bestand der Frankfurt Münchener.

Alle Run-off-Bestände mit mindestens zehn Prozent Anteil fonds- und indexgebundener Verträge sind von 2018 zu 2019 geschrumpft. Wachstum verzeichneten dagegen nur Run-off-Bestände mit hohem Anteil klassischer Verträge von mindestens mehr als 60 Prozent.

Der ausführliche Map-Report 915, "Solvabilität im Vergleich, 2010 bis 2019", kann bei Franke + Bornberg kostenpflichtig erworben werden. Er enthält zahlreiche Informationen zu SCR- und MCR-Quoten von Lebens- und von Krankenversicherern, inwieweit diese bilanzielle Hilfsmittel anwenden, und wie die Zahlen zu interpretieren sind.

Run-off Versicherer 06/2020

Autor(en): Matthias Beenken

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