Willkommen im Gabler Versicherungslexikon



Versicherungslexikon

Qualitätsgeprüftes Wissen + vollständig Online + kostenfrei: Das ist das Gabler Versicherungslexikon auf versicherungsmagazin.de

Jetzt neu: Die 2. Auflage wurde komplett überarbeitet und um über 400 neue Begriffe ergänzt.

Sozialpolitik

1. Begriff: Im 19. Jahrhundert in die gesellschaftspolitische Diskussion zur „sozialen Frage“ eingeführter Begriff, der zunächst nur im deutschen Sprachraum und erst später auch im angelsächsischen Sprachraum Verbreitung fand. Die mit dem von M. Weber eingeleiteten Werturteilsstreit aufgeworfene Frage, ob es sich um einen Begriff handelt, der ausschließlich im Zusammenhang mit der praktischen Politik steht, oder ob er der Wissenschaft zugänglich ist, konnte nicht abschließend geklärt werden, wenngleich die Sozialpolitik bis heute Gegenstand verschiedener Wissenschaftsdisziplinen ist (u.a. Volkswirtschaftslehre, Soziologie, Politikwissenschaft). In der Praxis hat die im Folgenden behandelte staatliche Sozialpolitik die größte Bedeutung. Daneben gibt es die internationale und die betriebliche Sozialpolitik. Mit dem Begriff der (staatlichen) Sozialpolitik werden i.w.S. sämtliche institutionalisierte Formen politischen Handelns bezeichnet, die im Hinblick auf soziale Sicherheit und soziale Gerechtigkeit von Seiten des Staats bzw. durch Körperschaften des öffentlichen Rechts unternommen werden.

2. Begründungen: a) Effizienzargumente: In der ökonomischen Theorie kann ein sozialpolitischer Eingriff des Staats bei Vorliegen von Marktversagen gerechtfertigt werden. Dabei dienen Informationsasymmetrien als eine zentrale Begründung der staatlich organisierten Absicherung allgemeiner Lebensrisiken (Arbeitslosigkeit, Krankheit, Alter) in der Sozialversicherung.
b) Verteilungsaspekte: In einer marktwirtschaftlichen Ordnung soll die Sozialpolitik üblicherweise der Korrektur von gesellschaftlich unerwünschten Marktergebnissen dienen. Die Umverteilung soll die Fähigkeit zur Selbsthilfe seitens der Hilfebedürftigen möglichst nicht schwächen. Auf diese Weise können die Vorteile der marktwirtschaftlichen Ordnung zur Maximierung des Wohlstands genutzt und eventuell auftretende soziale Spannungen und Gegensätze abgebaut bzw. beseitigt werden (in Deutschland i.S.d. Art. 20 GG).

3. Instrumente der staatlichen Sozialpolitik: Dem Staat steht ein breites Angebot an Instrumenten zur Verfügung, das von der Regulierung (z.B. Arbeitnehmerschutz, Arbeitnehmermitbestimmung) bis zu Geld- und Sachleistungen reicht. Wichtigste Geldleistungen sind die Leistungen der Sozialversicherungen, die zudem Sachleistungen erbringen (besonders in der gesetzlichen Krankenversicherung). Die Fürsorgeleistungen (Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II) bestehen in Geld- und Sachleistungen. Reine Sachleistungen existieren bspw. im Bereich der Sozialarbeit.

Autor(en): Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen, Prof. Dr. Christian Hagist, Dr. Arne Leifels

 

260px 77px