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Unteilbarkeit der Prämien

1. Begriff: Zahlungspflicht des Versicherungsnehmers für die gesamte laufende Versicherungsperiode, auch bei vorzeitiger Beendigung des Versicherungsvertrags. Dieser Grundsatz war im alten Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in zahlreichen Fällen vorgesehen (§ 40 II S. 1 VVG a.F. bei fristloser Kündigung des Versicherungsunternehmens wegen Folgeprämienzahlungsverzugs; § 70 II VVG a.F. bei Kündigung des Versicherungsunternehmens oder des Erwerbers nach Veräußerung der versicherten Sache). Ausnahmen: Wegfall des versicherten Interesses (§ 68 II und III VVG a.F.), Beseitigung der Überversicherung unter verhältnismäßiger Verminderung der Prämie (§ 51 I und II VVG a.F.). Die aus der Anfangszeit der Versicherungstechnik stammenden Gründe für diesen umstrittenen Grundsatz – Gewinnpauschalierung zugunsten des Versicherungsunternehmens bei vom Versicherungsnehmer zu vertretender Vertragsbeendigung, Rationalisierung der Abwicklung – sind heute weitgehend überholt. Das neue VVG hat daher diesen Grundsatz aufgegeben, der vielfach zu einer unangemessenen Begünstigung des Versicherungsunternehmens zulasten des Versicherungsnehmers geführt hatte.

2. Neuregelung: Inzwischen gilt vertragsrechtlich eine risikoproportionale Prämie statt des Unteilbarkeitsgrundsatzes (§ 39 I S. 1 VVG). Bei vorzeitiger Vertragsbeendigung erhält das Versicherungsunternehmen nur noch denjenigen Teil der Prämie, der dem Zeitraum der Gefahrtragung, d.h. der Gewährung des Versicherungsschutzes entspricht: Grundsatz der Teilbarkeit bei außerordentlicher Kündigung des Versicherungsunternehmens (§§ 28 I, 24, 19 III S. 2, 38 III VVG) oder des Versicherungsnehmers (§§ 19 VI, 25 II VVG). Doch auch das neue Recht kennt Ausnahmen.

3. Ausnahmen: a) Rücktritt seitens des Versicherungsunternehmens wegen vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzung durch den Versicherungsnehmer oder Anfechtung seitens des Versicherungsunternehmens wegen arglistiger Täuschung durch den Versicherungsnehmer: Pflicht des Versicherungsnehmers zur Prämienzahlung bis zum Wirksamwerden der Rücktritts- oder Anfechtungserklärung (§ 39 I S. 2 VVG).
b) Betrügerische Über- oder Mehrfachversicherung oder betrügerische Versicherung fehlenden Interesses (§§ 74 II, 78 III, 80 III VVG): Pflicht des Versicherungsnehmers zur Prämienzahlung, bis das Versicherungsunternehmen von den die Nichtigkeit begründenden Umständen Kenntnis erlangt.
c) Wegfall des versicherten Interesses (§ 80 II VVG).
d) Rücktritt des Versicherungsunternehmens wegen Erstprämienverzugs seitens des Versicherungsnehmers (Erstprämie, Prämienverzug): Der Versicherungsnehmer hat eine angemessene Geschäftsgebühr zu zahlen (§ 39 I S. 3 VVG).
e) In der Hagelversicherung gilt bei Kündigung seitens des Versicherungsnehmers nach einem Versicherungsfall zu einem früheren Zeitpunkt als zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode eine Unteilbarkeit der Prämie wegen der besonderen Risikosituation.

Autor(en): Prof. Dr. Roland Michael Beckmann, Professor Dr. Helmut Schirmer

 

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