Die Lage bleibt ernst

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Der seit gut einem Monat andauernde Shutdown der Wirtschaft hinterlässt tiefe Spuren im Versicherungsvertrieb, wie eine erneute Kurzumfrage zeigt. Aber es deutet sich auch ein Stück neuer Normalität an.

Die Zeitschrift "Asscompact" hat erneut eine Kurzumfrage unter Versicherungsvermittlern und Mitarbeitern von Versicherungsunternehmen zur Lage in der anhaltenden Corona-Pandemie erstellt (https://www.versicherungsmagazin.de/rubriken/branche/corona-trifft-die-vermittler-hart-2586879.html). Die Teilnehmerzahl lag diesmal insbesondere bei Mitarbeitern von Versicherungsunternehmen sowie bei Ausschließlichkeitsvertretern deutlich geringer – offenbar wurden trotz Reiseverboten verbreitet Osterferien durchgeführt. Mit 110 Maklern und Mehrfachvertretern nahm dagegen eine fast gleich hohe Zahl teil wie vor drei Wochen (136).

Mehr Gelassenheit als noch vor drei Wochen

Die Stimmung unter den Befragten hat sich nicht grundlegend verändert. Mehr als vier von zehn Befragten äußerten sich sehr besorgt oder besorgt. Drei von zehn Befragten schätzten ihren persönlichen Umgang mit der Pandemie allerdings als entspannt bis sehr entspannt ein.

Der Anteil derjenigen Vermittler, die sich sehr besorgt äußerten, hat deutlich von 20 auf sieben Prozent abgenommen. Ebenso stieg der Anteil der grundsätzlich Entspannten von 13 auf 29 Prozent an. Offenbar haben die drei Wochen Erfahrung mit der Krise bewirkt, dass viele Vermittler ihre Situation zwar weiter als ernst, aber weniger aufgeregt beurteilen.

Die Umfrageteilnehmer wurden weiter befragt, welchen weiteren Umgang mit der Pandemie sie wünschen - und welchen sie erwarten. Eine knappe Mehrheit (55 Prozent) wünscht sich eine stufenweise Lockerung der Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperren bis zum Herbst, ähnlich wie es die Bundesregierung und die Bundesländer inzwischen beschlossen haben. Mehr als ein Drittel (35 Prozent) dagegen wünscht sich eine zügige Rückkehr zur Normalität schon ab Mai, allerdings hält das fast niemand für realistisch.

Nur wenige haben das Büro geschlossen

Nur knapp ein Viertel der Vermittlerbüros ist während der Pandemie geschlossen, sogar weniger als noch vor drei Wochen. Rund jeder zweite Vermittler arbeitet allerdings weiterhin im Homeoffice, der Anteil lag vor drei Wochen sogar bei fast zwei Drittel. Ähnlich geblieben sind die Anteile der Mitarbeiter von Vermittlern, die ganz (25 Prozent) oder zeitweise (34 Prozent) im Homeoffice arbeiten.

Ein klares Bild gibt es unverändert bei der Kundenakquise: Persönliche Kundentermine entfallen fast überall, werden aber erkennbar auch nicht durch Telefontermine oder videotelefonische Beratungen ersetzt. Damit verzeichnen auch drei Viertel der Vermittler ein sinkendes Neugeschäft. Dahingegen gibt es bislang keine auffällige Häufung an Kündigungen oder an Schadenmeldungen.

Corona-Krise + Vermittlerbüros 20.04.2020

Sollen Versicherer die Makler finanziell unterstützen?

In der Befragung der Osterwoche wurde erstmals nach der Unterstützung durch die Versicherer gefragt. Hier zeigt sich knapp mehrheitlich eine Zufriedenheit der Makler und Mehrfachvertreter. Vor allem die Vertriebspartner-Informationen werden als ausreichend angesehen, aber auch die aktuelle Vertriebsunterstützung, die Stornoabwehr oder die Erreichbarkeit. Eine knappe Mehrheit der Makler und Mehrfachvertreter glaubt aber auch, dass die Versicherer den Wettbewerb verzerren und Ausschließlichkeitsvertreter einseitig finanziell unterstützen. Vier von zehn freien Vermittlern erwarten ebenfalls finanzielle Hilfen von den Versicherungsunternehmen. Pools dagegen profilieren sich erkennbar bisher nicht als Retter in der Not.

Positiv bewertet eine knappe Mehrheit aller befragten Vermittler gleich welchen Vertriebswegs die Kommunikationspolitik und die Schadenregulierung der Versicherer. Allerdings gibt es auch Erwartungen hinsichtlich einer größeren Kulanz im Fall der Betriebsschließungsversicherung sowie bei flexiblem Umgang mit Pandemie-bedingten Zahlungsproblemen der Kunden. Auch sehen die Vermittler Potenzial bei der generellen Unterstützung ihrer Kunden.

Umsatzverluste auf breiter Front

Die Vermittlerbüros forcieren weiterhin die Digitalisierung. Mit 58 Prozent gibt nun eine klare Mehrheit an, bereits Umsatzverluste erlitten zu haben, vor drei Wochen waren es 49 Prozent. Dagegen müssen weiterhin Vermittler eher selten in der Krise investieren, Kredite aufnehmen oder Kurzarbeitergeld für ihre Mitarbeiter beantragen.

Als relativ größte Chance der Pandemie sehen die Vermittler die Notwendigkeit der Versicherer, sich besser digital aufzustellen. Außerdem wird wie schon vor drei Wochen sehr häufig ein sinkender Fahraufwand angegeben. Eine weitergehende Analyse zeigt allerdings auch, dass diese Tatsache gerade kein Stimmungsaufheller ist, sondern eher das Gegenteil. Erstmals wurde in der Osterwoche gefragt, ob die Vermittler die Zeit nutzen, um ihre Weiterbildungspflicht zu erfüllen. Das bestätigte immerhin jeder zweite Vermittler klar, jeder fünfte aber gerade nicht.

Die Rückgänge der Termine und des Neugeschäftsvolumens drücken erkennbar die Stimmung der Befragten. Makler und Mehrfachvertreter fordern in dieser Stimmungslage deutlich häufiger finanzielle Hilfen der Versicherer. Auch wer sich in besseren Zeiten nicht gut vorbereitet und seinen Datenbestand vor allem an Mobilnummern oder Mailadressen seiner Kunden gepflegt oder in seinen Betrieb investiert hat, zeigt sich nun relativ besorgter über die Folgend er Pandemie. Chancen auf Veränderung wirken weit mehrheitlich nicht positiv auf die Gesamtstimmung.

Umgang Vermittler mit der Krise 20.04.2020

Autor(en): Matthias Beenken

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