Digitaler Vertrieb stört direkten Kundenkontakt

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Die Kunden sind immer öfter für digitale Versicherungen bereit. Das zeigt eine Umfrage in vier europäischen Ländern. Danach wären in Deutschland 47 Prozent aller Befragten bereit, On-Demand-Produkte zu kaufen. Solche Versicherungen werden bei "Notwendigkeit" abgeschlossen.

Typische Beispiele sind etwa private Unfallpolicen, wie "Snap" der Deutschen Familienversicherung (DFV), "Passion Pass" der Allianz, "Superior" vom Versicherungsvertreter Hepster oder „Sofort-Unfall-Schutz“ der Provinzial. Im Ausland lieg die Akzeptanzquote sogar teilweise noch höher. So würden On-Demand-Versicherungen in Frankreich von 54 Prozent der Befragten akzeptiert. In Polen sind es sogar 61 Prozent, während in Großbritannien nur 42 Prozent solche Sofort-Policen billigen.

Online-Policen sind günstiger

Auch nutzungsabhängige Tarife, wie Telematik-Angebote in der Kfz-Versicherung haben mittlerweile eine breite Zustimmung. In Deutschland liegt sie bei 44 Prozent. Smart-Home-Versicherungen - hier geht es in der Regel um Nachlässe für technische Online-Sicherheitseinrichtungen - würden in Deutschland 48 Prozent der Kunden akzeptieren. Durch digitale Versicherungsprodukte, die auf der Nutzung von Daten basieren, können Versicherungsunternehmen individuelle Risiken besser einschätzen und günstigere Versicherungen anbieten.

Bei Datenweitergabe noch skeptisch

Daten aus dem Auto, Haus, aus sozialen Medien oder zur Gesundheit wollen aber nur 36 Prozent der Befragten aus Deutschland weitergeben. Die Briten (33 Prozent) und die Franzosen (27) sind noch vorsichtiger. Allein in Polen wären 41 Prozent der Befragten zur Weitergabe ihrer Daten bereit, wenn es dafür Rabatte bei der Versicherung gibt. Die Unternehmensberatungen Sollers Consulting und IPSOS hatten insgesamt 3.800 Versicherungskunden in Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Polen zu ihrem Umgang mit Versicherungen befragt.

Immer weniger Kontaktpunkte vorhanden

Nach Meinung von Sollers zeigt die Umfrage, dass künftig auch in Deutschland der Omni-Kanal-Vertrieb dominieren wird. „Durch voll integrierte und technologie-getriebene Kundenansprache wird sich die Arbeit des traditionellen Vermittlers fundamental verändern“, schätzt Sollers-Manager Marcin Mekler. „Agenten und teilweise auch Makler werden nach und nach ihre dominierende Rolle verlieren und sind dann nur einer von vielen Kontaktpunkten.“

Dabei verweist der Berater auf das Reisegeschäft indem in hohem Maße bereits automatische Versicherungsabschlüsse über die Homepage von Assekuranzen oder Reiseportalen getätigt werden. Mekler: „Das Produkt Versicherung muss günstiger und digitaler werden, um an Attraktivität nicht einzubüßen. Datengetriebene Versicherungsprodukte werden dabei immer wichtiger.“ Sollers unterstütze eine Reihe von Versicherern bei der Neugestaltung ihrer Dateninfrastruktur. Datengetriebene Produkte erforderten eine moderne IT-Architektur und Schnittstellen. Erst dadurch werde es möglich, Prozesse grundlegend zu automatisieren und zum Nutzen der Menschen einzusetzen.

Vermittlerinnen und Vermittler sind überaltert

Das der Versicherungsvertrieb an einem Scheideweg steht, zeigt auch die Strukturanalyse des Bundesverbandes Deutscher Versicherungsmakler (BVK). So sind die Berufsträger längst überaltert. Im Schnitt sind die Ausschließlichkeitsvertreter 50,6 Jahre und die Versicherungsmakler sogar 53,3 Jahre alt.

Dass die Kontaktpunkte im klassischen Vertrieb immer schwieriger werden, zeigt auch eine Vertriebsstrukturreform die Deutschlands größter Versicherer, die Allianz, planen soll. Laut Handelsblatt sollen die Vermittler künftig neben Versicherungen die Kunden auch in persönlichen Dingen beraten - etwa zu Patientenverfügung oder Stromtarifen. Doch solche Informationen können längst leicht online abgerufen und verglichen werden. Der klassische Versicherungsvertrieb dürfte daher immer stärker auf beratungsintensive Sparten, wie Altersvorsorge oder Arbeitskraftabsicherung beschränkt werden.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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