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Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK)

1. Begriff: Kassenart im System der Krankenkassen. Bis Ende 1995 war die AOK die „Basiskasse“ des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), die für alle versicherungspflichtig Beschäftigten zuständig war, für die nicht die Zuständigkeit bei einer anderen Krankenkasse bestand. So war für Arbeiter i.d.R. die AOK die Pflichtkasse. Deshalb gibt es in jeder Region eine eigenständige AOK. (§ 143 SGB V).

2. Merkmale: Die AOK sind rechtlich selbstständige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung und Teil der mittelbaren Staatsverwaltung, d.h. der Staat übt die Rechtsaufsicht über die Krankenkassen aus (§ 87 SGB IV). Aufgrund ihres regionalen Zuständigkeitsbereichs wird eine AOK auch als landesunmittelbare Krankenkasse (Gegensatz: bundesunmittelbare Ersatzkasse) bezeichnet. Sie unterliegt somit der Aufsicht der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder oder der von den Landesregierungen bestimmten Behörden (§ 90 SGB IV). Organe der AOK sind – wie bei allen Krankenkassen – ein hauptamtlicher Vorstand (§ 35a SGB IV) sowie als Selbstverwaltungsorgan ein ehrenamtlicher Verwaltungsrat (§ 33 SGB IV). Die Verwaltungsräte der AOK sind je zur Hälfe mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern besetzt. Dies unterscheidet sie von den Verwaltungsräten der Ersatzkassen, in denen (grundsätzlich) nur gewählte Vertreter der Versicherten sitzen. Die AOK betreuen rund 24 Mio. Versicherte und sind damit die zweitgrößte Kassenart. Da es sich bei den einzelnen AOK um selbstständige Krankenkassen handelt, ist es falsch, von der AOK als solche zu sprechen. Aufgrund ihrer rechtlichen Selbstständigkeit und der unterschiedlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der einzelnen Regionen erhoben die AOK in der Vergangenheit regional unterschiedlich hohe Beitragssätze. Mit Einführung des Gesundheitsfonds ab dem 1.1.2009 durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung wurde ein einheitlicher Beitragssatz für alle Krankenkassen eingeführt. Beitragsunterschiede gibt es jetzt nur noch in Höhe eines Zusatzbeitragssatzes (Zusatzbeitrag) und bei Inanspruchnahme von Wahltarifen.

3. Geschichte: In den 1880er Jahren wurde die GKV in Deutschland eingeführt. Sie wurde zunächst durch drei Kassenarten getragen: die Allgemeinen Ortskrankenkassen, die Betriebskrankenkassen und die Innungskrankenkassen. Erst in den folgenden Jahrzehnten wurden die Ersatzkassen in das System der GKV mit einbezogen. Seit 1996 für alle Krankenversicherten die freie Kassenwahl (Wahlrecht) eingeführt wurde, sind die AOK keine Basis- bzw. Pflichtkassen mehr. Infolgedessen waren die AOK aufgrund ihrer kleinteiligen Struktur auch nicht mehr wettbewerbsfähig. Sie schlossen sich deshalb auf Landesebene zusammen. 1970 gab es noch 399 AOK, heute gibt es nur noch elf.

4. Aktuellere Entwicklungen: Mit dem weiter zunehmenden Konsolidierungsdruck kam es in jüngerer Zeit auch zu länderübergreifenden Zusammenschlüssen im AOK-System. Den Anfang machten 2006 die AOK Rheinland und die AOK Hamburg, die zur AOK Rheinland/Hamburg fusionierten. Danach folgten zum 1.1.2008 die AOK Sachsen und die AOK Thüringen, die zur AOK PLUS fusionierten. Danach folgten in 2010 die AOK Westfalen-Lippe und die AOK Schleswig-Holstein, die sich zur AOK NordWest zusammenschlossen. In 2011 verbanden sich die AOK Berlin-Brandenburg und die AOK Mecklenburg-Vorpommern zur AOK Nordost und in 2012 die AOK Rheinland-Pfalz und die AOK Saarland zur AOK Rheinland-Pfalz/Saarland. Dachverband der elf AOK ist der AOK-Bundesverband. Mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) wurde der AOK-Bundesverband (wie auch die Bundesverbände der Betriebs- und Innungskrankenkassen) zum 1.1.2009 in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts umgewandelt. Die hoheitlichen Aufgaben, die der AOK-Bundesverband bis dato wahrgenommen hatte, wurden dann von dem neugegründeten Spitzenverband Bund der Krankenkassen übernommen.

Autor(en): Dr. Eckhard Bloch

 

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