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Niederlassung

1. Begriff: Rechtlich unselbstständige Einheit eines Unternehmens, die wesentliche betriebswirtschaftliche Funktionen selbst wahrnimmt, im Versicherungsgeschäft z.B. den Risikoausgleich (betriebswirtschaftliche Sicht). Im Versicherungsbereich zudem ein aufsichtsrechtlicher Terminus, der u.U. für Fragen bei der Zulassung ausländischer Versicherer im Inland von Bedeutung ist.

2. Hintergründe und Rechtsentwicklungen: Ursprünglich durften ausländische Versicherer im Inland nur über eine Tochtergesellschaft oder über eine unselbstständige Niederlassung tätig werden. Die Tochtergesellschaft war eine deutsche Aktiengesellschaft und unterlag als solche hinsichtlich der Zulassung und laufenden Aufsicht dem deutschen Aufsichtsrecht. Die Niederlassung war das Zentrum des ausländischen Unternehmens im Inland. Hier mussten alle Geschäftsunterlagen zur Verfügung gehalten werden. Für die Tätigkeit der Niederlassung musste getrennt Rechnung gelegt werden. Es waren ein Hauptbevollmächtigter (vgl. auch Geschäftsleiter) und Personen, die andere Schlüsselaufgaben wahrnehmen, zu bestellen. Der Hauptbevöllmächtigte repräsentierte den Vorstand des ausländischen Versicherers im Inland. Er war der Aufsichtsbehörde gegenüber für das inländische Geschäft verantwortlich. Niederlassungen ausländischer Versicherer bedurften der Erlaubnis der inländischen Aufsichtsbehörde. Die Erlaubnisvoraussetzungen entsprachen in etwa denen der deutschen Versicherer. Vgl. auch Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb. Mit der Vollendung des Europäischen Versicherungsbinnenmarkts waren für die Unternehmen aus den Mitgliedsländern und des EWR die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit hergestellt. Die Unternehmen können seither frei wählen, in welcher Form sie in den anderen Mitgliedsländern tätig werden wollen. Fällt die Wahl auf eine Tochtergesellschaft, muss diese wie bisher um eine Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb nachsuchen. Will sie im Niederlassungs- oder Dienstleistungsverkehr tätig werden, bedarf es keiner Erlaubnis mehr; nur ein sog. „Notifizierungsverfahren“ ist nun zu durchlaufen (§§ 57, 58, 61 ff. VAG).

3. Folgen: Unter den o.a. Umständen verloren die Niederlassungen ihre ursprüngliche Relevanz. Bedeutung haben sie heute nur noch für die Inlandstätigkeit ausländischer Versicherer aus Drittländern. Diese dürfen, wenn nicht über Tochtergesellschaften, nur über Niederlassungen im Inland tätig werden. Das Dienstleistungsgeschäft ist ihnen verwehrt. Hier gelten nach wie vor die ursprünglich für die Niederlassung aller ausländischen Gesellschaften geltenden Normen (§§ 67 ff. VAG).

Autor(en): Dr. Helmut Müller

 

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